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EU-Regulatorik im Planungsalltag: Lieber jetzt handeln, als zu spät!

Marcel Özer (EPEA) erklärt die Auswirkungen von Green Deal, EU-Taxonomie, Clean Industrial Deal, Bauprodukteverordnung, ... auf die Planungspraxis.

 

Matthias Uhl Date: 02.05.2025
<span id="hs_cos_wrapper_name" class="hs_cos_wrapper hs_cos_wrapper_meta_field hs_cos_wrapper_type_text" style="" data-hs-cos-general-type="meta_field" data-hs-cos-type="text" >EU-Regulatorik im Planungsalltag: Lieber jetzt handeln, als zu spät!</span>

Im Gespräch mit Marcel Özer, Nachhaltigkeitsexperte bei EPEA / Drees & Sommer, erkunden wir die praktischen Auswirkungen der EU-Regularien auf den Planungsalltag von Architektur- und Planungsbüros.

Green Deal, EU-Taxonomie, Clean Industrial Deal, Bauproduktenverordnung, Circular Economy – So groß die Flut an Begriffen und Regularien ist, so verlockend ist für viele Planungsbüros, angesichts wirtschaftlicher Unsicherheiten zunächst abzuwarten. Doch das wird sich als fataler Fehler erweisen: Bereits heute müssen Planer CO₂-Bilanzen erstellen und Kreislauffähigkeit nachweisen, wenn sie bei öffentlichen Aufträgen oder zertifizierten Gebäuden mitwirken wollen. Und die Anforderungen werden mit jeder neuen Regulierung schärfer.

Ab 2026 wird die neue Bauproduktenverordnung (CPR) erste Bauproduktgruppen zur Offenlegung ihrer Umweltdaten verpflichten – und bis 2050 muss Europa klimaneutral sein. Der Weg dorthin bedeutet eine fundamentale Transformation der Planungspraxis. Wer jetzt nicht handelt, riskiert, den Anschluss zu verlieren.

Neue Rollen wie Material-Ökologen oder Circular Engineers entstehen

Die Zeiten, in denen Architekten primär nach ästhetischen und funktionalen Kriterien planten, sind vorbei. „Erst kam das Thema Energieeffizienz hinzu, jetzt ist es die Frage nach dem ökologischen Fußabdruck des gesamten Gebäudes“, erklärt Marcel Özer. Die neue Komplexität führt zu einem fundamentalen Wandel im Planungsprozess:

„Wir sehen eine bisher ungekannte Interdisziplinarität in Bauprojekten. Neue Rollen wie Material-Ökologen und Circular Engineers entstehen, weil ein einzelnes Fachgebiet diese Anforderungen nicht mehr abdecken kann. Für Planende bedeutet das: Sie müssen nicht nur neue Kommunikationswege etablieren, sondern zusätzlich mit enormen Datenmengen umgehen können.“

Ein Beispiel aus Baden-Württemberg zeigt, wie konkret die Anforderungen bereits sind: Dort müssen Landesbauten einen CO₂-Schattenpreis in der Planung mitführen – also einen monetären Wert, der die CO₂-Folgekosten darstellt. Ist dieser zu hoch, sinkt die Finanzierung. „Das hat zunächst nichts mit ökologischem Handeln zu tun, ist aber hocheffektiv“, so Özer. „Es bringt finanzielle Entscheidungen direkt mit Nachhaltigkeitszielen in Verbindung.“

CO₂-Fußabdruck: Von der Kür zur Pflicht

Die Ökobilanzierung (Life Cycle Assessment, LCA) ist längst kein Nischenthema mehr. „Wir empfehlen heute keinem Planungsbüro mehr, ein Projekt ohne Ökobilanz durchzuführen“, betont Özer. „Das wäre in der aktuellen Marktlage schlichtweg fahrlässig.“

Die Gründe liegen auf der Hand: CO₂ als Bewertungsindikator findet sich inzwischen in nahezu allen relevanten Regularien:

  • In der EU-Taxonomie als Bewertungskriterium für „grüne“ Investitionen
  • In der Bauproduktenverordnung als Pflichtangabe für Hersteller
  • In der Energy Performance Building Directive (EPBD), die künftig eine Ökobilanz für das Gesamtgebäude fordert
  • In Zertifizierungssystemen wie DGNB, BREEAM oder LEED
  • In landesspezifischen Vorgaben, wie dem erwähnten CO₂-Schattenpreis

„CO₂ ist mittlerweile mehr als ein Nachhaltigkeitsindikator – es ist ein echter Bewertungs- und Wirtschaftsindikator geworden“, erklärt Özer. „In vielen Projekten wird es bereits monetär bewertet, was direkte Auswirkungen auf die Finanzierung hat.“

Die Daten-Revolution: Wer hat die Informationshoheit?

Für Planungsbüros ergibt sich eine zentrale Herausforderung: Woher kommen die nötigen Daten für all diese Bewertungen? Bislang war die Datenlage uneinheitlich – doch das ändert sich gerade grundlegend.

„Ab 2026 werden durch die neue Bauproduktenverordnung besonders relevante Bauprodukte zur Offenlegung ihrer Umweltdaten verpflichtet“, erläutert Özer. „Begonnen wird mit Materialien, die in großen Mengen verbaut werden und erhebliche Umweltauswirkungen haben – wie Beton, Zement und andere Produkte mit hohem CO₂-Fußabdruck.“

Dies schafft erstmals einen echten Marktmechanismus für nachhaltige Produkte: „Wenn alle Hersteller ihre Daten offenlegen müssen, entsteht Wettbewerb. Wer die besten Werte hat, wird am Markt bevorzugt – ein Qualitätsmerkmal, das über Erfolg oder Misserfolg entscheiden kann.“

Für Planungsbüros bedeutet dies: Sie brauchen Systeme, die diese Datenflut managen können. „Es ist ein fundamentaler Wandel: Statt mit generischen Durchschnittswerten zu planen, können Architekten nun reale Produkte mit exakten Umweltdaten vergleichen und einsetzen – und dies von der ersten Planungsphase an.“

Von der Ökobilanz zur Kreislauffähigkeit

Die nächste Evolutionsstufe steht bereits vor der Tür: die Bewertung der Kreislauffähigkeit von Gebäuden. „Circular Economy wird in der Praxis gelingen, wenn das Thema sowohl gefordert als auch gefördert wird“, ist Özer überzeugt. „Die regulatorischen Anforderungen werden kommen, aber gleichzeitig sehen wir bereits heute, dass kreislauffähiges Bauen wirtschaftliche Vorteile bietet.“

Ein Beispiel aus der Praxis: „In einem von EPEA begleiteten Projekt in Viersen haben wurde ein Gebäuderessourcenpass erstellt und der Rohstoffwert des Gebäudes bilanziert. Nach dem Handelsgesetzbuch dürfen Produkte, die einen Restwert vorweisen, mit diesem Wert bilanziert werden. Das reduziert die jährliche Abschreibung so stark, dass die Stadt die zusätzlichen Investitionen am Anfang um ein Vielfaches reinholen konnte.“

Auch die Industrie reagiert: „Schüco nimmt aktiv Fenstergläser zurück, und Heidelberg Materials – vormals Heidelberg Cement – hat sich bereits Gebäude für den späteren Rückbau reserviert, um die Mineralien wiederzuverwenden. Das zeigt: Kreislauffähiges Bauen ist kein Zukunftsmärchen, sondern bereits wirtschaftliche Realität.“

CO2-Hotspots im BIM-Modell visualisiert

„Ohne digitale Tools schaffen wir die Bewältigung dieser Datenanforderungen nicht mehr“, stellt Özer klar. Hier setzen Lösungen wie der cockpit.planner an, der die EPEA-Datenbank mit Material- und Produktinformationen verknüpft und direkt in CAD-Systeme integriert.

„In einem Pilotprojekt in Düsseldorf haben wir erstmals CO₂-Hotspots direkt im BIM-Modell visualisiert“, berichtet Özer. „Wo rote Bereiche erschienen, konnten wir gemeinsam mit der Tragwerksplanung optimieren. Ein massiver Stahlträger wurde so durch eine alternative Lösung ersetzt, was einen enormen Hebel zur CO₂-Reduktion darstellt.“

Diese Methodik ermöglicht es, Nachhaltigkeitsbewertungen von Anfang an in den Planungsprozess zu integrieren: „Der Bauherr sieht nicht nur abstrakte CO₂-Werte, sondern konkret im Modell: Rot bedeutet Optimierungsbedarf. Das schafft Transparenz und Handlungsdruck.“

Fazit: Transformation als Chance begreifen

Trotz aller Herausforderungen bieten die EU-Regularien enorme Chancen für zukunftsorientierte Planungsbüros. „Wer heute abwartet, wird morgen abgehängt sein“, fasst Özer zusammen. „Aber wer jetzt handelt, kann sich als Experte für nachhaltiges Planen positionieren und neue Marktchancen erschließen.“
Seine Empfehlung: „Bauen Sie Expertise auf, investieren Sie in digitale Werkzeuge und etablieren Sie interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die größte Fehlannahme über den Green Deal ist, dass es sich nur um eine Regulierung handelt – in Wahrheit ist es ein Innovationsmotor für die gesamte Branche.“
Für die Zukunft bleibt er optimistisch: „Circular Economy wird dann gelingen, wenn die Vorteile sichtbar werden. Es geht nicht um Verzicht, sondern um intelligenteres, zukunftsfähigeres Wirtschaften. Das haben einige Pioniere bereits erkannt – und sie werden die Gewinner dieser Transformation sein.“

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